Aktiv gegen Artenschwund

Wie lassen sich invasive Arten eindämmen, um bedrohte Wildtiere zu schützen?

Marderhund Foto: Enrico Schubert Marderhund Foto: Enrico Schubert
Die Verbreitung invasiver Arten ist in vielen Gegenden der Erde eine Bedrohung für die Biodiversität – auch in Deutschland. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung des Weltbiodiversitätsrats (IPBES), in dem Wissenschaftler aus 49 Ländern in über vierjähriger Arbeit Forschungsdaten ausgewertet haben. Demnach gehen rund 60 Prozent der weltweit dokumentierten Ausrottungen von Tier- oder Pflanzenarten auf das Konto eingewanderter Arten.

Nicht jede bewusst oder versehentlich eingeschleppte Art ist eine invasive Art. Als solche gelten nicht heimische Spezies, die sich in neuen Gebieten ausbreiten und dort Fauna, Flora oder den Menschen negativ beeinflussen. Das trifft laut Bundesamt für Naturschutz auf 90 der etwa 2600 in Deutschland gebietsfremden Arten zu.

Welchen Einfluss invasive Arten auf die heimische Tierwelt haben, können wir zum Beispiel anhand von Waschbär und Marderhund auf unseren Stiftungsflächen in Klepelshagen beobachten. Der Marderhund kommt ursprünglich aus Ostasien und Sibirien, wurde in Russland zur Pelzproduktion gezüchtet und westlich des Urals auch ausgesetzt, von wo er sich nach Westen ausbreitete. In Deutschland kam er 1961 an. Marderhunde sind Allesfresser, die jährlich sechs bis zehn Welpen werfen und auf ihren Wanderungen weite Strecken zurücklegen können. Auch der Waschbär entkam in Deutschland aus der Gefangenschaft und wurde sogar bewusst ausgesetzt. Ursprünglich aus Nordamerika stammend, verbreitet er sich seit Mitte des 20. Jahrhunderts auch hierzulande. Und das zunehmend rasant, wie ein Blick auf die Jagdstatistiken zeigt: Wurden in den 1990er-Jahren bundesweit noch um die 400 Tiere pro Jahr erlegt, waren es im Jagdjahr 2020/21 über 200.000. Neben Aas, Früchten und Nüssen fressen diese beiden Raubsäuger Vögel und deren Eier sowie Amphibien, Schnecken, Insekten, Fische und Kleinsäuger. Was auch zum ökologischen Problem wird, wenn es sich dabei um bedrohte Arten handelt.

Auch auf dem Stiftungsgut in Klepelshagen in Mecklenburg-Vorpommern bereiten Waschbär und Marderhund den Artenschützern Probleme. Waschbären plündern immer wieder Nester der seltenen Trauerseeschwalben, die in einem unserer Gewässer auf künstlichen Nisthilfen brüten und ihre Küken aufziehen. Marderhunde gehen unter anderem auf die Jagd nach der seltenen Rotbauchunke und bedrohten Bodenbrütern. Die beiden invasiven Prädatoren bedeuten zusätzlichen Druck auf die Bestände von gefährdeten Arten, die mehr und mehr auch von ursprünglich hier vorkommenden Arten wie Fischotter, Fuchs oder Baummarder gefressen werden.

Die Bedrohung heimischer Arten durch Krankheitserreger eingeschleppter Tiere ist der Grund für ein Wiederansiedlungsprojekt der Stiftung in Klepelshagen: Der Europäische Flusskrebs hat seit knapp zwei Jahren in verschiedenen Gewässern auf der Stiftungsfläche einen geschützten Lebensraum gefunden. Die Edelkrebse sind in Deutschland vom Aussterben bedroht – durch einen Parasiten, der durch aus Nordamerika eingeschleppte Krebse verbreitet wird. Die amerikanischen Einwanderer wie Signalkrebse und Kamberkrebse sind gegen die sogenannte Krebspest immun, die europäischen Verwandten verenden qualvoll. Über 2.000 Europäische Edelkrebse wurden mittlerweile erfolgreich in solitären Gewässern in Klepelshagen angesiedelt – ein großer Erfolg für den Schutz dieser bedrohten Art.

Tierische invasive Einwanderer stellen eine ernsthafte Bedrohung für unsere Biodiversität dar. Um diese Gefahr einzudämmen, müssen verschiedene Maßnahmen Hand in Hand gehen. Dazu gehört die Wiederansiedlung bedrohter Arten in sicheren Gebieten und ein vernünftiges Management dort, wo die invasiven Arten Bestände oder gar ganze Populationen bedrohen. Und vor allem eine Verbesserung der Lebensräume für seltene und gefährdete Arten. Denn steigen die Bestände von bedrohten Arten, fällt der negative Einfluss durch invasive Neubürger nicht so stark ins Gewicht. Daher ist es wichtig, dass wir unsere Kulturlandschaft derart gestalten, dass insbesondere bedrohte Arten wieder mehr Lebensraumqualität vorfinden. Auf Gut Klepelshagen zeigt die Deutsche Wildtier Stiftung, wie Artenschutz und Landnutzung Hand in Hand gehen können.

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