Bunte Biomasse
Für mehr Artenvielfalt bei der Energieproduktion
Auf jedem fünften Hektar der landwirtschaftlichen Fläche werden inzwischen nachwachsende Rohstoffe angebaut – hauptsächlich zur Energieproduktion. Ein wesentlicher Anteil dient der Energiegewinnung durch Biomasse. Für die Biogasproduktion werden derzeit in erster Linie Mais, Zuckerrüben und Getreide als Ganzpflanzensilage (GPS) angebaut. Diese intensiv betriebenen einjährigen Anbausysteme haben negative Folgen für die Artenvielfalt in unserer Kulturlandschaft. Das Ergebnis der monotonen Anbausysteme mit hohem Düngemitteleinsatz sind ertragreiche Produktionsstandorte, in denen Wildtiere jedoch weder Nahrung noch Versteckmöglichkeiten vor ihren Feinden finden. In den Agrarlandschaften ist daher ein massiver Verlust an Biologischer Vielfalt längst zur Tatsache geworden. Nicht zuletzt seit dem Wegfall der obligatorischen Flächenstilllegung im Jahr 2007 und der 2. Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) im Jahr 2009 hat sich der Rückgang typischer Arten in der Agrarlandschaft noch einmal deutlich beschleunigt.
DAS NETZWERK LEBENSRAUM FELDFLUR
Anders als bei der Nahrungs- und Futtermittelproduktion eröffnet die Biogasproduktion jedoch die Möglichkeit, unterschiedlichste Pflanzenarten anzubauen und den gesamten Aufwuchs zur Methangewinnung zu nutzen. Saatgutmischungen aus ertrag- und blütenreichen mehrjährigen Wild- und Kulturpflanzen bieten innovative Ansätze, mit denen die Energieerzeugung aus Biomasse enger mit Zielen des Landschafts-, Natur- und Artenschutzes verknüpft werden kann. Dafür setzt sich das Netzwerk Lebensraum Feldflur ein. Das Netzwerk Lebensraum Feldflur ist ein Zusammenschluss aus über 25 Akteuren der Jagd, des Naturschutzes und der Energiewirtschaft, die die Biogaserzeugung aus Biomasse enger mit den Zielen des Natur-, Arten- und Umweltschutzes verknüpfen wollen. Dafür sollen Mischungen aus heimischen Wild- und Kulturpflanzenarten als eine ökologisch notwendige und ökonomisch tragfähige Ergänzung zu konventionellen Energiepflanzen in der landwirtschaftlichen Praxis etabliert werden.
Bunte Biomasse verbessert durch das lang anhaltende und vielfältige Blütenangebot die Nahrungsressourcen für Bienen und Schmetterlinge, wovon wiederum viele Vogel- und Fledermausarten profitieren. Der Einsatz von Insektiziden ist unnötig. Viele Bodenbrüter finden während der Jungenaufzucht Deckungsmöglichkeiten und ihre Küken tierisches Eiweiß zum Überleben. Durch das mehrjährige Anbausystem findet eine mechanische Bodenbearbeitung lediglich im Etablierungsjahr statt, wodurch die Gefahr von Verlusten bei Bodenbrütern und Jungtieren deutlich reduziert wird.
Neben den ökologischen Vorteilen für die Wildtiere werten Blühmischungen das Landschaftsbild auf und erhöhen den Erholungswert einer Region. Gleichzeitig generieren sie einen bedeutenden Imagegewinn für die örtlichen Landwirte. Vor allem in Veredelungsregionen mit einer hohen Viehdichte kann das hohe Potenzial mehrjähriger Wildpflanzenkulturen zur Bindung von mineralisiertem Stickstoff für den Gewässerschutz zunehmend an Bedeutung gewinnen.
Informationen zum "Netzwerk Lebensraum Feldflur" erhalten Sie auf der Website:
www.Energie-aus-Wildpflanzen.de.
AGRARPOLITISCHE HERAUSFORDERUNGEN
Auch wenn Bunte Biomasse mittlerweile hohe Erträge von bis zu 40 Tonnen Frischmasse je Hektar liefert: Um die Nachfrage nach Wildpflanzen als Substrat für Biogasanlagen zu verbessern, ist eine Förderung zunächst unverzichtbar. Das Netzwerk Lebensraum Feldflur, das von der Deutschen Wildtier Stiftung und seinen Partnern koordiniert wird, hat einen Formulierungsvorschlag zur Aufnahme von mehrjährigen Wildpflanzenkulturen für die Biomasseproduktion, zum Beispiel in die Entwicklungsprogramme für den ländlichen Raum als Agrarumwelt- und Klimamaßnahme (AUKM), vorgelegt. Dadurch könnten Landwirte für besondere Leistungen für den Natur- und Artenschutz angemessen honoriert werden. Um dies zu erreichen, muss die Nutzung des Aufwuchses mehrjähriger Blühflächen auch im Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ ermöglicht werden.
KOOPERATIONSPROJEKT - BUNTE BIOMASSE
Um deutschlandweit mindestens 500 Hektar Mais durch ertragreiche mehrjährige Wildpflanzenmischungen zur Biomasseproduktion zu ersetzen, setzen die Veolia Stiftung, der Deutsche Jagdverband e. V. und die Deutsche Wildtier Stiftung seit dem Frühjahr 2019 das Kooperationsprojekt „Bunte Biomasse – Ressource für Artenschutz und Landwirtschaft“ um. Die Nachfrage unter Landwirten, Naturschützern, Imkern und in der Jägerschaft ist groß. So konnten bis Anfang 2021 bereits auf über 400 Hektar mehrjährige Wildpflanzenkulturen in zehn Bundesländern angesät werden. Ein Schlüssel für den Erfolg des Projektes ist die Beratung. Um sicherzustellen, dass die artenreichen Bestände erfolgreich etabliert werden und neben ihren ökologischen Vorteilen auch ordentliche Erträge liefern, werden die teilnehmenden Landwirte von erfahrenen Experten begleitet. Daneben erhalten sie eine Ausgleichszahlung, um den Minderertrag gegenüber herkömmlichen Biomassekulturen aufzufangen.
Die Projektseite Bunte Biomasse finden Sie hier.