Küstenvögel – Räuber gefährden die Brut
Vogelschutz und Gelegemonitoring im Wattenmeer

Auf den Halligen im Wattenmeer fressen Füchse, Marder und Ratten die Gelege vieler Küstenvögel – auch stark bedrohter Arten. Ein Forschungsprojekt soll jetzt Aufschluss darüber geben, wer genau die Räuber sind und welche quantitative Bedeutung ihr Treiben hat. Diese Daten sind notwendig, damit die richtigen Schutzmaßnahmen getroffen werden können.
Die nordfriesischen Halligen sind für die Brutvogelbestände des Wattenmeeres von herausragender Bedeutung. Allein auf den Halligen Langeneß, Hooge und Oland brüten jedes Jahr etwa 15.000 Küstenvogelpaare. Für viele Seevogelarten stellen die auf diesen kleinen Halligen brütenden Paare einen erheblichen Anteil des gesamtdeutschen Bestands dar. Von der bedrohten Küstenseeschwalbe ist es sogar ein Drittel aller heimischen Brutpaare. Doch drei der wertvollsten Brutgebiete Deutschlands sind bedroht. Da viele Küstenvogelarten auf dem Boden brüten, sind ihre Gelege leichte Beute für Räuber wie Fuchs und Marder und für Wanderratten.
Neuigkeiten zum Projekt
Gar nicht einsame Marschinseln
Halligen mitten im Meer sind eigentlich ideale Brutgebiete für Küstenvögel, weil dort natürlicherweise keine Raub- und Nagetiere vorkommen. Doch das hat sich geändert. Seit der Erhöhung des Olanddammes gelangen regelmäßig Füchse über den Lorendamm auf die Hallig Oland und haben dort bereits zum Verschwinden der ehemals größten Löffler-Kolonie Schleswig-Holsteins geführt. Im Frühjahr 2019 wurden auch auf Hallig Langeneß erstmals zur Brutzeit Füchse festgestellt. Ein Jahr später fand man dort zahlreiche totgebissene Altvögel. Auf Hallig Langeneß verschwand über Nacht eine Kolonie der sehr seltenen Brandseeschwalben mit 174 Brutpaaren, vermutlich verursacht durch Füchse. Hallig Hooge ist zwar nicht durch einen Damm mit dem Festland verbunden und hat daher kein Fuchsproblem, jedoch führte im Frühjahr 2019 ein starkes Rattenvorkommen nahezu zu einem Totalverlust der Bruten. Auch zahlreiche Küstenseeschwalben wurden dort durch Wanderratten getötet.
Mit Kameras den Räubern auf der Spur
Trotz der herausragenden Bedeutung der Halligen für zahlreiche Küstenvogelarten ist über das Vorkommen und den Einfluss von Raubsäugern und Wanderratten auf den Bruterfolg nur sehr wenig bekannt. Diese Wissenslücke wollen wir schließen.
Unklar ist zum Beispiel, wie hoch der Anteil der durch Säugetiere verursachten Gelegeverluste auf den drei Halligen ist, wie zahlreich Ratten auf den Halligen auftreten, ob die Ereignisse im Jahr 2019 eine Ausnahme darstellen oder ob jedes Jahr ein bisher unentdeckt hoher Anteil an Gelegen durch Ratten verloren geht. Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass neben Fuchs, Marder und Wanderratte noch weitere unbekannte Prädatoren für starke Verluste verantwortlich sind.
Für den Erhalt der Halligen als Brutvogelgebiet ist die genaue Kenntnis der Gefährdungsursachen von entscheidender Bedeutung. Daher werden auf den drei Inseln rund 100 Kameras an Vogelnestern installiert. Sie lösen sich durch Bewegungsmelder automatisch aus und dokumentieren zweifelsfrei das Schicksal eines Geleges. So ertappen wir die Räuber auf frischer Tat und können die Daten wissenschaftlich auswerten. Nur durch belastbare Daten können wir uns effektiv für den Erhalt der Halligen als wichtiges Brutvogelgebiete einsetzen.
Das Projekt läuft unter Federführung der Schutzstation Wattenmeer e.V. im Verbund mit der Ernst Commentz Stiftung, der Deutschen Wildtier Stiftung, der Ornithologischen Arbeitsgemeinschaft Schleswig-Holstein sowie der Stiftung zum Schutz der bedrohten Tierwelt im Wattenmeer.
Foto oben (Teaser): Austernfischer mit Kueken/Mathias Feldhoff