Zum Fischotterabschuss in Bayern

Muttertierschutz ist nicht verhandelbar

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Fischotter, die sich an Teichfischen bedienen, dürfen in Bayern ab 1. Mai ganzjährig getötet werden. So regelt es die neue „Wolfs-Verordnung und Fischotter-Regelung“, die vom bayerischen Ministerrat unter Markus Söder (CSU) beschlossen wurde. Damit sollen die Teichwirte vor wirtschaftlichem Schaden bewahrt werden. Auflagen gibt es zwar: Entnommen werden darf nur dann, wenn Alternativen wie beispielsweise eine Teicheinzäunung nicht möglich sind.

Auch soll der Erhaltungszustand einer Population sich nicht verschlechtern. So steht es auf dem Papier. Dennoch: Arten- und Naturschützer sehen die neue Otter-Verordnung mit großer Sorge – war der Otter doch Ende der 60er-Jahre durch Jagd und Lebensraumverlust bereits nahezu ausgerottet und konnte sich seitdem nur mühsam durch Artenschutzmaßnahmen in Deutschland wieder ausbreiten. Nach wie vor gehört der Fischotter zu den streng geschützten Arten gemäß Bundesnaturschutzgesetz, doch Bayern will Ausnahmen vom strengen Schutz erleichtern.

Auch wenn die Zahl der Fischotter in Deutschland in den letzten Jahren stetig zugenommen hat, wird der Wassermarder in der Roten Liste immer noch als „gefährdet“ geführt. In drei Bundesländern gilt er sogar noch immer als ausgestorben. Der von der EU geforderte „günstige Erhaltungszustand“ ist damit in Deutschland noch nicht gegeben. Auch die Deutsche Wildtier Stiftung schützt seit vielen Jahren den Fischotter auf ihren Flächen. 2021 war er Tier des Jahres und eine Reihe von Schutzmaßnahmen wurden eingeleitet, etwa Maßnahmen zur Verhinderung von Straßentod durchgeführt, Lebensräume aufgewertet und ein Monitoring gestartet. „Wir kennen die Probleme und die Konflikte, die mit dem Fischotterschutz einhergehen, sehr gut“, sagt Lea-Carina Mendel, Biologin und Artenschützerin bei der Deutschen Wildtier Stiftung. Hier gilt es, wie bei jedem Mensch-Wildtier-Konflikt, einen Kompromiss zu finden, der beiden Seiten gerecht wird. Der Schutz von zur Aufzucht von Jungtieren notwendigen Muttertieren ist aber bei keinem Kompromiss verhandelbar: „Muttertiere könnten nach der jetzigen Verordnung getötet werden“, sagt Mendel.

Fischotter haben keine festen Paarungszeiten, sie bekommen das ganze Jahr über Nachwuchs. „Es muss also ausgeschlossen werden, dass Weibchen, die trächtig sind oder Nachwuchs führen, entnommen werden. Nur so kann das Verwaisen oder Verenden von jungen Fischottern vermieden werden. Auch im ersten Lebensjahr bleiben junge Fischotter in der Nähe der Mutter und lernen das Schwimmen und die überlebenswichtigen Jagdtechniken. Zudem sollte ein transparentes, reproduzierbares und systematisches Monitoring Aufschluss über den Otterbestand vor Ort geben und diese Daten auch veröffentlicht werden, um die nun verabschiedeten Entnahmemöglichkeiten hinsichtlich ihrer Bedeutung für die Erhaltung der Art bewerten zu können, fordert die Deutsche Wildtier Stiftung. Naturschutzverbände klagen gegen die neue Verordnung. Am 22. Mai wird erneut vor Gericht verhandelt.

Fischotter-Steckbrief

Fischotter

Der Fischotter (Lutra lutra) aus der Familie der Marder liebt saubere und natürliche Gewässer. Er ist sehr menschenscheu, so bekommt man ihn wenig zu Gesicht.

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Fischotter Foto: R. Ziemens

Fischottermonitoring

Eurasische Fischotter (Lutra lutra) sind in vielerlei Hinsicht bemerkenswerte Tiere. Die kleinen Räuber jagen fast ausschließlich im Wasser, sind elegante Schwimmer und exzellente Taucher. Ihr extrem dichtes Fell mit bis zu 80.000 Haaren pro Quadratzentimeter schützt sie dabei vor Nässe und Kälte. Doch dieser Pelz wurde ihnen jahrzehntelang zum Verhängnis, da sie seinetwegen exzessiv bejagt und nahezu ausgerottet wurden. In den 1960er-Jahren wurde der Fischotter daher unter strengen Schutz gestellt. Von ihrer früheren Häufigkeit sind die Fischotter jedoch immer noch weit entfernt.

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Einstieg zum Laufsteg für die Fischotter Foto: © SCHORISCH Magis GmbH

Ein Laufsteg für Hamburgs Fischotter

Fischotter leben auch mitten in Städten – beispielweise in Hamburg. Ihre Angewohnheit, oft nicht unter Brücken hindurch zu schwimmen, sondern sie zu Fuß zu queren, endet oft tödlich. Die Deutsche Wildtier Stiftung hat daher gemeinsam mit der Aktion Fischotterschutz e. V. an einer vierspurigen Brücke im dicht besiedelten Stadtteil Wandsbek eine Brückenunterführung für die Wassermarder errichtet.

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