Waldkinder Regensburg

Die Natur bietet alles, was Kinder in ihrer Entwicklung benötigen

Kinder beim Abzählen im Waldkindergarten Regensburg Kinder beim Abzählen im Waldkindergarten Regensburg
Seit 2014 ist dieser Bayerische Waldkindergarten im Netzwerk der Deutschen Wildtier Stiftung. Bereits mit zwei Jahren Jahren gehen hier die Kleinsten täglich in den Wald. Mit 35 Kindern und vier ErzieherInnen ist jeder Waldtag ein ganz besonderes Erlebnis in der Natur.

Hier berichten unsere Naturpädagogen von ihren Besuchen bei den Patenkindergärten der Deutschen Wildtier Stiftung

Oberstes Gebot: Entspannt bleiben

Der erste Eindruck der Kinder im Waldkindergarten Regensburg ist entspannt und doch ereignisreich. Ein Gegensatz der sich keinesfalls ausschließt bei den Waldkindern in Pielenhofen. Die Kinder beschäftigen sich ohne Vorgaben stets so mit der Natur, dass für die Erzieher oft eine der Hauptaufgaben ist, auf die vielen Fragen einzugehen. Es gibt aber auch eine Menge zu erforschen: Den Feuerplatz, auf dem bei Festivitäten ein Lagerfeuer knistert, der Schrei-Baum mit dem aufgemalten Gesicht, an dem man überschüssige Energien loswerden kann, der Bauwelten-Platz, das abenteuerliche Baumhaus und sehr beliebt ist auch der hölzerne Wetterfrosch, der jeden Tag nach Wetterlage gemeinsam neu auf seiner Leiter platziert wird.

Soziale Kompetenz, die Fähigkeit Visionen zu entwickeln und den Mut diese zu verwirklichen. Die Natur kann für all diese Kompetenzen ein Katalysator sein.

Steckbrief

Art: Waldkindergarten, Betreuungszeit 7:45 – 14 Uhr
Geografische Lage: Pielenhofen (ca. 20 km westlich von Regensburg)
Gründung: 2007
Träger: Little Big Future gGmbH
Anzahl der Kinder: 35 inklusive 8 Plätze für Kinder von 2 - 3 Jahren
Alter der Kinder: 2 – 6 Jahre
Betreuungsschlüssel: 4 Erzieherinnen , 1 Heilpädagogin, 1 Musiktherapeutin (1 Tag)

Zunächst treffen sich aber jeden Morgen Kinder, Eltern und Erzieher am Sportplatz des Ortes, die Kinder toben ausgelassen um einen Haufen abgesägter Äste herum, bis alle da sind und es heißt: Abmarsch in den Wald. Dann staksen 25 kleine Menschen und ihre Erzieher über Feldwege bis zum Waldplatz, vorbei am Kletterbaum, von dem vor allem die Jungs kaum wegzubekommen sind, dem Hof mit Schäferhund Rex, der die Kinder jeden Tag begrüßt, bis zum Waldplatz. Hier stehen zwei hölzerne Bauwagen mit großen Rädern, durch eine selbstgezimmerte Veranda verbunden. Das Ensemble wirkt wie aus einer Westernstadt und dabei rustikal, gemütlich und gastfreundlich. „Wir laden die Leute ein, unser Gelände zu nutzen, wenn wir nicht hier sind“, erklärt Anke Wolfram, Waldpädagogin und Leiterin der Einrichtung. „So lange es verlassen wird, wie es vorgefunden wurde, haben wir damit kein Problem.“

Diese Grundentspanntheit zeichnet die gesamte Arbeit und das Team des Waldkindergartens aus, sie sorgt für eine stabile Basis, denn: „Kinder brauchen Verlässlichkeit, um Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und die der anderen aufbauen zu können“, so die Erzieherin. „Dazu soziale Kompetenz, die Fähigkeit Visionen zu entwickeln und den Mut diese zu verwirklichen. Die Natur kann für all diese Kompetenzen ein Katalysator sein.“ Dabei werden die Erzieher an unterschiedlichen Tagen in der Woche von weiteren Experten unterstützt – an einem Tag von einer Musiktherapeutin und an zwei weiteren Tagen von einer Heilpädagogin.

An einem Tag beschlossen die Kinder plötzlich mehrheitlich, dass sie keine Erwachsenen dabei haben wollten.

Unterkunft des Waldkindergartens Regenburg

Ausgezeichnete Arbeit

Sogar die UNESCO wurde 2010 auf die 1500-Seelen Gemeinde Pielenhofen aufmerksam. Die internationale Organisation befand das Waldkindergarten-Konzept für so zukunftsorientiert, dass sie es auszeichnete. Begründung: Im Fokus stehe neben ökologischen, ökonomischen und sozialen Gesichtspunkten eine ganzheitliche Bildungskultur ohne Belehrung, Programmen, Animationen, aber dafür mit viel gelebter Demokratie. „Ich habe mich früher im Regelkindergarten schwer damit getan, Kindern ohne Mitspracherecht etwas vorzuschreiben, das sie eigentlich in diesem Moment selbst gar nicht wollen“ sagt Erzieher Matthias Beckmann. „Hier finden die Kinder für sich selbst Aufgaben und können bestimmen, was sie wann machen wollen.“

Allerdings führt die gelebte Demokratie auch zu ungewöhnlichen Situationen: An einem Tag beschlossen die Kinder plötzlich mehrheitlich, dass sie keine Erwachsenen dabei haben wollten. Nach anfänglicher Skepsis ließen sich die Pädagogen auf das Experiment ein, gaben Verhaltensregeln für den Notfall, zogen sich in einen der Bauwagen zurück und beobachteten die Kinder durch die Fenster. Zum großen Stolz aller Beteiligten organisierte die Mini-Gruppe den kompletten Tagesablauf, die Größeren kümmerten sich um die Kleineren, auch lästige Pflichten wie Händewaschen wurden nicht vergessen und am Ende hatten alle zu Hause noch mehr zu erzählen als sonst.

Diese und andere Erfahrungen gibt Anke Wolfram regelmäßig weiter: „Im Laufe der Jahre sind wir in viele Beratungstätigkeiten herein gewachsen. Heute kommen viele Besucher zur Hospitation oder zur Fortbildung und begleiten uns bei einem Kita-Tag. Außerdem bin ich zur Umsetzung des Bayerischen Bildungsplans für das Staatsinstitut für Frühpädagogik in München unterwegs und freiberuflich tätig, um nachhaltige Pädagogik zu etablieren.“ Davon profitieren seit 2010 auch Tagesmütter, die sich in Ankes Tageskursen an der Volkshochschule in Naturraumpädagogik weiterbilden können.

Kinder im Waldkindergarten klettern auf Bäume

Letzte Phase: Alter Hase

„Ich bin ein Alter Hase, ich bin ein Alter Hase!“ aufgeregt und überglücklich hüpft Jakob auf dem Waldboden herum und zeigt stolz sein blau angemaltes Ohr – das Zeichen für seinen neuen Status. Alle Kinder durchlaufen während ihrer Zeit im Waldkindergarten drei Phasen. Neuzugänge sind „Schnecken“, mit der Zeit werden sie „Füchse“ und am Ende steht der begehrte Titel „Alter Hase“. Die Kriterien dafür sind gar nicht so leicht: Man darf z.B. beim Bringen nicht mehr bockig aus dem Auto klettern, die anderen Kinder nicht mehr so viel ärgern und sollte nach den eigenen Möglichkeiten den anderen Kindern und den Erziehern bei schwierigen Aufgaben helfen. Und Alte Hasen sollten natürlich immer auf die Erzieher hören… so einfach ist das also gar nicht für die Kinder. Sind alle diese Hürden genommen, wird dem neuen Alten Hasen in einer feierlichen Zeremonie ein Ohr blau angepinselt – die Idee stammt aus dem Buch „Der Hase mit den himmelblauen Ohren“, in dem ein Hase mit blauen Löffeln seinen Platz im Leben findet. So ein blaues Ohr ist besser als jeder Orden und erst wenn all die anderen Kinder, Erzieher, Eltern, Oma, Opa und wichtigen Menschen die Auszeichnung bewundert haben, wird die Farbe zu Hause abgewaschen. Natürlich nur unter Protest und vielleicht bleibt ja doch irgendwo ein Fitzelchen Farbe hängen. Gefühlt jedenfalls schon!

Kind beim Spielen im Waldkindergarten Regensburg

Neues aus der Waldküche

„Restaurant Hani“ steht etwas ungelenk in großen blauen Lettern auf einem groben Brett, das zwischen zwei Bäumen hängt. Dieses besondere Etablissement hat einmal die Woche geöffnet, immer dann wenn Kochpate Felix Tille in den Wald und ehrenamtlich über offenem Feuer brutzelt, gart und zubereitet was das kleine Naturburschen– und Naturmädelherz begehrt: Spaghetti, Pfannkuchen, Stampfkartoffel mit Ei – (fast) alles was sich die im Kinder wünschen, steht auf der Speisekarte. Mithelfen beim Kochen ist ausdrücklich erwünscht und dabei lernen auch die Erzieher immer noch etwas dazu. Seinen Namen hat das Restaurant übrigens vom Jungen Hannes, der mit seiner Leidenschaft für das Kochen den Anstoß zu diesem Konzept gab.

Kontakt

Waldkinder Regensburg
Wiesenweg 1
93188 Pielenhofen
www.waldkinder-regensburg.de