Schlafmäuse sagen Gute Nacht

Im Herbst gehen Gartenschläfer und ihre Verwandten in den Winterschlaf

Gartenschläfer

Am 22. September ist kalendarischer Herbstanfang. Während wir Menschen uns dann auf bunte Blätter und kühlere Tage mit einer Tasse Tee freuen, haben sich die Schlafmäuse im Wildtierreich schon ordentlich Speck angefuttert. Insekten und fettreiche Baumfrüchte wie Haselnüsse, Bucheckern und Eicheln, aber auch zuckerhaltige Himbeeren und Brombeeren standen für sie ganz oben auf dem Speiseplan. Nun sind die heimischen Bilche – dazu gehören Siebenschläfer, Gartenschläfer, Baumschläfer und Haselmaus – bereit, Gute Nacht zu sagen.

Bis zu sieben Monate verbringen die Bilche eingerollt in geschützten Verstecken wie Erdhöhlen, Felsspalten oder Baumstümpfen, manchmal auch in verlassenen Vogelnistkästen. Sie sind Meister im Energiesparen: Der Winterschlaf ist für sie eine Überlebensstrategie, denn in der kalten Jahreszeit gibt es schlicht nicht genug Nahrung, um aktiv zu bleiben. Im Energiesparmodus fahren sie ihre Körperfunktionen drastisch herunter, Atmung und Herzschlag verlangsamen sich auf ein Minimum. Gartenschläfer beispielsweise können ihre Körpertemperatur bis auf –1 Grad senken, ihr Herz schlägt dann nur noch zweimal pro Minute. So überstehen die Tiere selbst strenge Wintermonate.

Bitte nicht stören

Wie Sie Bilche im Winterschlaf schützen

Für die Winterschläfer ist ein ungestörter, sicherer Rückzugsort überlebenswichtig. Immerhin können Bilche in der freien Wildbahn theoretisch bis zu neun Jahre alt werden. Einige wenige Exemplare des Siebenschläfers erreichen sogar rekordverdächtige 13 Jahre – ein hohes Alter für so ein kleines Nagetier!

Die Schlafmäuse nutzen gern Verstecke auf alten Streuobstwiesen, in Reisighaufen oder in Hecken in naturnahen Gärten als Unterschlupf. Wer Laubhaufen oder Reisig liegen lässt und auch die dichte Brombeerhecke nicht beschneidet, schafft wichtige Quartiere für sie. Bei Gartenarbeiten sollten Gärtnerinnen und Gärtner im Herbst Rücksicht nehmen, damit Nester nicht zerstört oder die Tiere geweckt werden. Hundebesitzer sollten ihre Lieblinge dringend davon abhalten, unter Hecken oder an Baumwurzeln nach den schlafenden Bilchen zu stöbern. Werden Nester zerstört und die Tiere geweckt, müssen sie den Stoffwechsel mühsam wieder hochfahren – ein Kraftakt, der wertvolle Energiereserven kostet und ihr Überleben während des langen Herbstes und Winters gefährden kann.

40 Millionen erfolgreiche Jahre – und jetzt?

Eine der ältesten lebenden Nagetierfamilien

Übrigens sind die Bilche (Gliridae) eine der ältesten noch lebenden Nagetierfamilien. Fossile Funde belegen ihr Alter von mehr als 40 Millionen Jahren. Bilche kletterten also bereits mindestens 30 Millionen Jahre durch die Vegetation, bevor es unsere Vorfahren, die Menschenaffen, gab. Ihre Strategie, den Winter in diesem besonderen Zustand zu verbringen und die lange nahrungslose Zeit so zu überbrücken, hat sie sehr erfolgreich gemacht.

Heute jedoch setzen ihnen andere Faktoren zu: Die Zerschneidung der Landschaft, das Insektensterben, der Einsatz von Umweltgiften und forstliche Monokulturen haben dazu geführt, dass beispielsweise der Gartenschläfer auf der Roten Liste der Säugetiere Deutschlands in der Kategorie „stark gefährdet“ eingestuft ist. Die Deutsche Wildtier Stiftung engagiert sich deshalb für den Gartenschläfer im Harz in Sachsen-Anhalt. Dort untersuchen wir mithilfe von Wildkameras das Vorkommen des seltenen Bilchs. Ziel ist, im kommenden Jahr den Lebensraum für die Gartenschläfer punktuell so aufzuwerten, dass sie reichlich Nahrung und Unterschlupf finden und sich entlang der gepflanzten Waldränder sicher in weitere Habitate bewegen können.

Foto oben: Kerstin Hinze

Gartenschläfer

Gartenschläfer

Anders als sein Name vermuten lässt, ist der Gartenschläfer (Eliomys quercinus) ursprünglich in felsigen und steinigen Nadel- und Mischwäldern zu Hause. Er gehört zur Familie der Bilche und ist mit seiner schwarzen „Zorro-Maske“ gut zu erkennen.

Zum Steckbrief
Foto: JAH / Alamy Stock Photo

Gartenschläfer – Zukunft für den kleinen Bilch

Unser Forschungsprojekt soll zeigen, wo der kleine Bilch im Harz vorkommt. Wir gehen in Sachsen-Anhalt vielversprechenden Hinweisen auf Gartenschläfer-Vorkommen nach und erweitern damit die Spurensuche in Deutschland um ein neues Gebiet.

Zum Projekt
headermotiv_gartenschlaefer_img_4283_sven-buechner-bearbeitet

Gartenschläfer im Harz entdeckt

In einer Sommernacht, kurz nach zwölf Uhr, tappte ein Gartenschläfer in einem Waldstück nahe Wernigerode im Harz in eine Fotofalle. Die Kamera, die mi…
Zum Artikel