Kitze im Stress

Junge Gämsen leiden unter Hitze und Störungen durch den Menschen

Geiß mit Kitz Geiß mit Kitz

Wer im Sommer in die Berge reist, entdeckt dort mit etwas Glück die Kinderstube junger Gämsen. Anfang Juni bringen die Geißen ihre Jungen zur Welt und ziehen mit ihnen durch die felsigen Hochlagen. Die Kitze werden etwa sechs Monate gesäugt und bleiben bis zu einem Jahr bei der Mutter. Doch der Start ins Leben wird für sie immer schwieriger. Klimawandel und das Eindringen von Menschen in ihren Lebensraum belasten sie.

Gämsen sind an die jahreszeitlichen Bedingungen ihrer Umgebung angepasst: Im Sommer leben sie in felsigen Hochlagen, Latschen- und Geröllfeldern sowie alpinen Matten. Im Winter ziehen sie in die Bergwälder, wo sie mehr Nahrung finden. Der Klimawandel, der in den Alpen besonders deutlich zu beobachten ist, stört dieses Muster zunehmend.

Steigende Sommertemperaturen zwingen Gämsen oft, sich in kühle Bergwälder zurückzuziehen und tagsüber weniger aktiv zu sein, um Hitzestress zu vermeiden. Vor allem die Geißen reagieren empfindlich auf Hitze: In warmen Jahren produzieren sie weniger Milch. Dadurch werden die Kitze schlechter versorgt und ihr Wachstum verlangsamt sich. Das beeinflusst die Entwicklung der Gämsenbestände, denn nur starke Nachkommen überleben und vermehren sich.

Grafik: Gewichtsverlust junger Gämsen

Grafik: Gewichtsverlust junger Gämse durch Hitzestress

Wachstumshemmer Hitze: Die Grafik zeigt deutlich, dass das Gewicht einjähriger Kitze in warmen Jahren geringer ist.
(Screenshot in Minute 10:45 aus dem Webinar zur Gämse der Deutschen Wildtier Stiftung)

Das Ausweichen in Bergwälder erhöht das Konfliktpotenzial mit der Forstwirtschaft, insbesondere in Wäldern mit geringer Naturnähe. Gleichzeitig birgt diese Lebensraumverschiebung in die Wälder neue Gefahren: Beutegreifer können sich besser anschleichen, und Erholungssuchende stören die dringend benötigte Ruhe der Tiere. Mountainbiker und Spaziergänger sollten daher auf den Wegen bleiben und sich respektvoll und ruhig verhalten. Die Deutsche Wildtier Stiftung fordert seit langem Wildruhegebiete, in denen keine Nutzung durch Menschen stattfindet – auch keine Jagd. In vielen europäischen Nachbarländern existieren diese Schutzgebiete bereits.

Wildtier-Webinar Gämse

Mehr über Gämsen und ihren schrumpfenden Lebensraum erfahren Sie im Wildtier-Webinar der Deutschen Wildtier Stiftung:

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Gämsen auf einer Felskuppe

Gämse – der Konflikt in Bayern

Bei uns in Deutschland finden Gämsen vor allem in Bayern einen geeigneten Lebensraum: felsige Regionen für den Sommer und Wälder für den Winter. Doch sie werden im südlichsten Bundesland gerade in öffentlichen Wäldern sehr intensiv gejagt.

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Gams mit schwarzen Hintergrund

Gämse

Die Gämse (Rupicapra rupicapra) ist etwas größer als ein Reh und lebt bei uns nur in Bayern und Baden-Württemberg. Sie ist an das Leben im Hochgebirge angepasst.

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Gämse an einem Steilhang, Wettersteingebirge, Bayern

Mehr Ruhe für die Gämse in Bayern?

Seit einem Vierteljahrhundert werden Gämsen in vielen Gebieten der bayerischen Alpen ununterbrochen gejagt. Allein in Oberbayern wurde die gesetzliche Jagdzeit, die eigentlich nur viereinhalb Monate beträgt, auf einer Fläche von mehr als 25.000 Hektar auf das ganze Jahr ausgedehnt, damit der Bergwald besser wachsen kann.

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