Gut Klepelshagen – Wirtschaften mit der Natur
Wildtierfreundliche Landnutzung

Im Südosten Mecklenburg-Vorpommerns, auf dem rund 2600 Hektar großen stiftungseigenen Modellbetrieb Gut Klepelshagen, zeigt die Deutsche Wildtier Stiftung, wie Land- und Forstwirtschaft mit Artenschutz in Einklang gebracht werden können.
Land-, Forstwirtschaft und Jagdbetrieb verbinden ökonomische Ziele mit den Ansprüchen von Wildtieren. Das reicht von späten Mahdterminen über Brachen und ungenutzte Flächen bis hin zu Jagdruhezonen. Die artgerechte Haltung der 350 Rinder ist auf dem von Bioland zertifizierten landwirtschaftlichen Betrieb eine Selbstverständlichkeit.
Die Landwirtschaft auf Gut Klepelshagen
Der landwirtschaftliche Betrieb umfasst 1358 Hektar, davon sind circa 1000 Hektar Ackerfläche und 350 Hektar Grünland (Wiesen und Weiden). Auf den Feldern werden unterschiedliche Feldfrüchte angebaut, darunter Dinkel, Weiße Lupine und Öllein. Wir verzichten auf den Anbau von Mais, um den Lebensraum für Offenlandarten zu erhalten.
Ein Großteil der Ernte wird auf dem eigenen Betrieb getrocknet und gereinigt. Seit 2016 geschieht das in einer modernen, großen Getreideanlage mit Durchlauftrockner und Siebmaschine. Dort können circa 2000 Tonnen Getreide gelagert werden.
Die Weiße Lupine geht direkt in die Verarbeitung ohne Zwischenhandel, ebenso wie Leinsaat, Braugerste und glutenfreier Hafer. Fast alle Arbeiten erledigen fest angestellte Landwirte und Landarbeiter.
Gut Klepelshagen zeigt, dass wildtierfreundliche Landwirtschaft auch ökonomisch möglich ist. Die Wiesen werden erst ab dem 20. Juni gemäht, wenn Jungvögel und der Nachwuchs der Säugetiere so mobil sind, dass sie den Maschinen ausweichen können. Es wird stets von innen nach außen und mit reduzierter Geschwindigkeit gemäht, damit Rehkitzen und anderen Wiesentieren der Fluchtweg nicht versperrt wird. Direkt vor der Mahd werden die Wiesen mit einer Drohne mit Infrarotkamera abgesucht, um den Mähtod von Rehen zu verhindern. Zum Schutz der Amphibien, Reptilien und Insekten setzen wir Hochschnittkufen ein, die 12 bis 15 Zentimeter über dem Boden schneiden (üblich sind 6 bis 8 Zentimeter). Vor dem ersten Mähen Ende Juni werden alle Flächen mit der Drohne abgeflogen. Damit wird sichergestellt, dass alle Tiere mobil genug sind oder möglicherweise rausgetragen werden. Vor der ersten Mahd werden die Futterflächen von unseren Rindern beweidet. So werden auch dort die Rehkitze geschont.
An den Waldrändern und Söllen werden breite Streifen nicht bewirtschaftet, sodass sich dort die Vielfalt der Kleintiere entwickeln kann. Wir legen Blühstreifen an und schaffen Grünflächen, auf denen Wildtiere in Ruhe äsen und sich zurückziehen können.
Die Klepelshagener Rinderherde umfasst circa 350 Tiere, die von Frühjahr bis Herbst auf den Weiden grasen. Wenn diese ihr Schlachtgewicht (600 Kilogramm) erreicht haben, werden sie entweder an die Gourmet Manufaktur, einen Fleischveredelungsbetrieb auf dem Gutsgelände, oder an einen biozertifizierten Viehhändler verkauft. Wir legen insbesondere auf kurze Wege wert, um Transportstress zu vermeiden. Das Futter für die Rinder stammt (bis auf das Mineralfutter) komplett vom eigenen Betrieb.
Bei uns dürfen Bäume noch alt werden
Auf Gut Klepelshagen belässt die Forstwirtschaft viele umgestürzte und abgestorbene Bäume als Totholz. Es dient vielen Wildtieren als Rückzugsraum. Im Wald wird jedes Jahr weniger Holz geschlagen als wieder nachwächst. Der Wald ist von Buchen dominiert. Doch auch hier gibt es unterschiedliche Lebensraumtypen. So unterscheidet sich der Schatten-Buchenwald von den Bingelkraut- oder Waldmeister-Lebensräumen. An einigen Stellen leisten Eschen, Eichen und Ahorn den Buchen Gesellschaft.

Über 2900 Tier- und Pflanzenarten auf 2621 Hektar
Klepelshagen liegt in den Brohmer Bergen, einer von eiszeitlichen Endmoränen geprägten Landschaft, und ist Teil des Naturparks Am Stettiner Haff. Ein Paradies für Wildtiere! Hier sagen sich nicht nur Fuchs und Hase gute Nacht. In diesem einzigartigen Lebensraum leben Rehe, Wildschweine und Rothirsche ganz ohne Zäune! In den Bruchwäldern, Mooren und Söllen finden Libellen ein perfektes Biotop. Die seltenen Rotbauchunken stimmen hier im Frühsommer ihre viel gerühmten Gesänge an.
Kennen Sie das Steifblättrige Knabenkraut?
Und die reich strukturierten Buchenwälder, Brüche, Moore und Sölle sind für gefährdete Pflanzenarten wie das Graben-Veilchen und die Echte Gelb-Segge ein ökologisches Paradies! Über 60 Pflanzenarten wie das Sumpf-Labkraut, die Kuckucks-Lichtnelke, das Echte Mädesüß und das Fleischfarbene Knabenkraut wachsen hier – auch das Steifblättrige Knabenkraut, eine Orchideenart, die in der Roten Liste Deutschlands als „gefährdet“ geführt wird.
Ein wahres Vogelparadies
Das Gut ist ein wichtiges Rast- und Durchzugsgebiet für Zugvögel sowie Brutgebiet für Kraniche, Trauerseeschwalben und Schwarzstorch. Zwerg- und Rothalstaucher, Knäkente, Bekassine und Drosselrohrsänger haben sich in den letzten Jahren angesiedelt.

Die seltene Schellente wohnt bei uns
Insgesamt sind rund 206 Vogelarten in Klepelshagen nachgewiesen. Darunter der stark gefährdete Wendehals und der gefährdete Grünspecht. Die Vögel profitieren voneinander. So brütet beispielsweise die geschützte Schellente in Baumhöhlen, die der Schwarzspecht gezimmert hat. Bruthilfen für Fischadler, Weißstorch, Turmfalke, Schleiereule und Trauerseeschwalben zeigen beeindruckende Erfolge.
Filmreif: Das Röhren der Hirsche
Jahr für Jahr suchen die mächtigen Rothirsche ihren traditionellen Brunftplatz im „Tal der Hirsche“ oder im „Hirschgrund“ auf. Was für ein Erlebnis, diese Hirschbrunft! Das tiefkehlige Röhren und Knorren, der Sprengruf, die gewaltigen Geweihe und das Imponiergehabe beim Kräftemessen der Gegner bleiben jedem, der das einmal erlebt hat, unvergesslich!

Ja, wir jagen!
Die Jagd spielt im etwa 2300 Hektar großen Eigenjagdbezirk von Gut Klepelshagen eine bedeutende Rolle. Gejagt werden Reh-, Schwarz- und Rotwild, um die Bestände der Lebensraumtragfähigkeit anzupassen und Wildbret zu hochwertigen Lebensmitteln zu verarbeiten. Auf Gut Klepelshagen setzt die Stiftung ihre jagdpolitischen Forderungen konsequent um: kürzere Jagdzeiten, ein Nachtjagdverbot und Jagdruhezonen. Unsere Haltung deckt sich mit derjenigen der Weltnaturschutzorganisation IUCN und der Biodiversitätskonvention: Nachhaltige Jagd trägt zum Artenschutz bei.
JAGD SICHERT ERTRÄGE UND UNTERSTÜTZT DEN ARTENSCHUTZ
Nachhaltige Jagd vernichtet keine Arten, sondern fördert in unserer Kulturlandschaft die Artenvielfalt und sichert den Nutzen, den wir Menschen durch Land- und Forstwirtschaft erzielen wollen! Gerade die Wirtschaftsweise des Ökolandbaus, den wir auf Gut Klepelshagen betreiben, ist durch Fraßeinwirkungen von Rot- und Schwarzwild besonders gefährdet. Die Jagd auf Füchse, Waschbären und Marderhunde betreiben wir vor allem zum Schutz unserer Trauerseeschwalben und vieler Bodenbrüter wie dem Kiebitz. Die Jagdrichtlinien der Deutschen Wildtier Stiftung für Klepelshagen gehen weit über die gesetzlichen Verpflichtungen hinaus. Die Jagdzeit für wiederkäuendes Schalenwild beenden wir freiwillig am 31. Dezember, denn in den Wintermonaten reduziert das Rotwild seinen Stoffwechsel und braucht Ruhe!
25 Jahre Gut Klepelshagen – Ein Vierteljahrhundert Natur- und Artenschutz
Im Sommer 2022 würdigten prominente Gäste in einem Festakt ein Vierteljahrhundert Arbeit der Deutschen Wildtier Stiftung zugunsten heimischer Wildtiere.