So klingt der Winter am Galenbecker See
Bericht aus Klepelshagen: Die Singschwäne sind zu Gast
Wenn der Frost Einzug hält und der erste Schnee die Brohmer Berge in eine weiße Landschaft verwandelt, ist der Gesang vieler Brutvögel in Klepelshagen verstummt. Sie sind längst auf dem Weg in ihre Winterquartiere. Doch rund um den Galenbecker See sind jetzt andere Rufe zu hören: Das Trompeten der Singschwäne verleiht dem Winter einen ganz eigenen Klang.
Die Brutgebiete der Singschwäne (Cygnus cygnus) liegen hauptsächlich in Finnland, Schweden und Norwegen. Sobald dort Seen und Moore zufrieren, ziehen die Vögel in gemäßigte Regionen – zum Beispiel in das Gebiet um den Galenbecker See. Auf eisfreien Gewässern und schneearmen Flächen finden sie hier ideale Bedingungen, um die kalte Jahreszeit zu überstehen.
Trompetenkonzert zur Dämmerung
Tagsüber suchen die Singschwäne Nahrung auf Grünland, Rapsfeldern oder abgeernteten Maisäckern in den Brohmer Bergen. Bei Einbruch der Dämmerung fallen sie mit einem weithin hörbaren Trompetenkonzert im Naturschutzgebiet Galenbecker See ein. Solange der See nicht zugefroren ist, verbringen sie die Nächte geschützt vor Fressfeinden auf den großen, ruhigen Wasserflächen.
Ist der Winter in Skandinavien streng, ziehen bis zu 30.000 Singschwäne nach Deutschland, vor allem nach Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein, Brandenburg, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt. Große Gruppen versammeln sich in den Küstenregionen, etwa rund um den Darß, Rügen und Usedom. Im Binnenland suchen die Schwäne gern größere Gewässer wie den Galenbecker See oder Flusstäler wie das Untere Odertal auf.
Starke Familienbande
Die eleganten Vögel leben monogam. In die Überwinterungsgebiete ziehen sie im Familienverband – so lernt der Nachwuchs die Zugrouten. Erst auf dem Rückweg im März löst sich die Familie auf. Die Singschwan-Bestände sind in Teilen des Verbreitungsgebiets leicht rückläufig. Das liegt vor allem am Verlust von Lebensräumen, Störungen an Brutplätzen und Klimaeinflüssen. Trotzdem ist die Art laut Weltnaturschutzunion IUCN nicht gefährdet. Bemerkenswert ist, dass Singschwäne – früher reine Wintergäste in unseren Breiten – seit 2005 wieder in Deutschland brüten. 50 bis 60 Paare haben sich in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Schleswig-Holstein angesiedelt. Dort leben sie bevorzugt auf abgelegenen, störungsarmen Moor- und Waldseen mit breitem Röhrichtgürtel.
Die Zahlen der Wintergäste in Klepelshagen schwanken je nach Witterung und Nahrungsangebot. In vergangenen Wintern wurden bis zu 650 Singschwäne gezählt. Häufig leben sie in Gemeinschaft mit Höckerschwänen (Cygnus olor) und den seltenen Zwergschwänen (Cygnus columbianus). Der Singschwan mit seinem gelben Schnabel und der Höckerschwan mit dem roten Schnabel und dem schwarzen Stirnhöcker sind leicht zu unterscheiden. Um Sing- und Zwergschwan auseinanderzuhalten, braucht es dagegen etwas Erfahrung. Zwergschwäne sind kleiner und haben deutlich weniger Gelb am Schnabel. Auch am Klang der Stimmen kann man die beiden Arten erkennen: Der Ruf des Singschwans ist klar und erinnert an eine Trompete, der des Zwergschwans klingt weicher und höher. Doch ganz gleich, wer da ruft – in der winterlichen Stille am Galenbecker See ist das Konzert der Schwäne ein einmaliges Naturerlebnis.
Gezielt ausgewildert: der Höckerschwan
Mein lieber Schwan, wo kommst du her?
Den Verwandten des Singschwans, den Höckerschwan, sieht man auch in der warmen Jahreszeit häufig auf Teichen, Seen und Flüssen. Anders als Sing- und Zwergschwan war die Art hierzulande ursprünglich aber nicht heimisch. Die heutigen Bestände in Mitteleuropa gehen vor allem auf gezielte Auswilderung durch den Menschen zurück. Im Mittelalter wurden Höckerschwäne als Zier- und Prunkvögel in Burghöfen und Klöstern, später in herrschaftlichen Parkanlagen gehalten. Für die Menschen der Renaissance war der Höckerschwan ein Symbol für Wohlstand und Macht. Im 19. Jahrhundert setzte man die Vögel vielerorts gezielt aus.