Durchs Waldtor ins grüne Klassenzimmer
Beim Berliner Projekt „Schule im Wald®“ lernen Kinder nicht aus Büchern, sondern direkt aus der Natur
Viele Kinder in Berlin wachsen in einem Alltag ohne Natur auf. Sie leben in kleinen Wohnungen und unternehmen kaum Ausflüge ins Grüne. Das gilt besonders für Kinder aus sozial oder wirtschaftlich benachteiligten Familien. Dabei sind Naturerfahrungen essenziell: Sie fördern Konzentration, soziale Kompetenzen und psychische Stabilität – und damit auch Bildungsteilhabe. Das Projekt „StadtNatur – Schule im Wald®“ setzt genau da an.
Die Schule im Wald® ist ein gemeinsames Angebot der Deutschen Wildtier Stiftung, der Deutschen Schreberjugend Berlin e. V. und der Berliner Forsten. Seit 2015 bringt das Projekt Schulklassen regelmäßig in den Wald und eröffnet Kindern in der Großstadt die Möglichkeit, Natur hautnah zu erleben.
Willkommen im Wald
Die zweite Klasse der Bornholmer Grundschule besucht an einem Morgen im Oktober bereits zum vierten Mal den Blankenfelder Forst in Berlin. Begleitet wird die Gruppe von den erfahrenen Waldpädagoginnen Jacqueline Seiferth und Ramona Ziegfeld. Am Waldrand angekommen, durchschreiten die Kinder spielerisch das symbolische Waldtor – ein schwingendes Seil, das den Übergang von der Stadt in den Wald markiert.
Dann macht sich die Klasse auf den Weg zum Waldsofa. Dieser aus Ästen gebaute, runde Sitzplatz wird in der Wald- und Naturpädagogik als gemeinsamer Lern- und Ruheort genutzt. Unterwegs entdecken die Kinder Ameisenhaufen, beobachten fallende Blätter, die im Sonnenlicht leuchten, und lauschen dem Rascheln im Unterholz. Ganz im Sinne der Naturpädagogik wird schon der Weg selbst zum Erlebnis. In der Schule im Wald® lernen die Kinder nicht aus Büchern, sondern aus dem, was die Natur ihnen bietet.
Baumfreund und Blättermandala
An diesem Tag stehen das spielerische Entdecken der Bäume und das Forschen mit allen Sinnen im Mittelpunkt. In Zweiergruppen entdecken die Kinder ihre „Baumfreunde“: Ein Kind mit verbundenen Augen wird von einem anderen zu einem Baum geführt. Nur durch Fühlen, Riechen und Tasten lernt es seinen Baumfreund kennen. Anhand der Rinde, des Dufts oder des Astverlaufs versucht es anschließend, den Baum ohne Hilfe wiederzufinden.
Bei einer Blätterschatzsuche werden die Kinder zu Naturdetektiven: Sie suchen Blätter in verschiedenen Formen und Größen, ordnen ihre Funde in einem Astrahmen und lassen ein Blättermandala entstehen. Zwischen den Lerneinheiten bleibt immer wieder Zeit für freies Spielen und Erkunden. Diese Momente sind besonders wichtig, damit die Kinder selbstständig den Wald entdecken, ihre Kreativität ausleben und das Gelernte auf eigene Weise vertiefen.
Als die Zeit im Wald zu Ende geht, kehren die kleinen Forscher mit vielen neuen Eindrücken, wertvollen Naturerlebnissen und leuchtenden Augen nach Hause zurück. Der Wald ist an diesem Tag für sie zu einem besonderen Lernort geworden, an dem sie gemeinsam staunen, spielen und den Stadtalltag zurücklassen konnten.