Der Rothirsch (Cervus elaphus) ist das größte Landsäugetier, das regelmäßig bei uns in Deutschland lebt. Der Artname schließt männliche und weibliche Tiere ein. Hirsche, also die männlichen Tiere, können eine Schulterhöhe von etwa 150 Zentimetern erreichen und bis zu 250 Kilogramm wiegen, die Rothirschkühe werden nur etwa halb so schwer. Zum Vergleich: Das Reh, ein Verwandter des Rothirschs, wiegt nur etwa 20 Kilogramm.
Charakteristisch für männliche Rothirsche ist das imposante Geweih. Es fällt jedes Frühjahr ab und wächst anschließend neu, und zwar bis zu zwei Zentimeter pro Tag. Dabei werden in wenigen Monaten manchmal über zehn Kilogramm Knochensubstanz neu aufgebaut. Das ist das schnellste in der Natur bekannte Organwachstum. Das Sommerfell des Rothirschs ist rotbraun, das dichtere Winterhaarkleid eher graubraun.
Hirschkühe, Kälber und Jungtiere leben in Rudeln zusammen, außerhalb der Brunftzeit bilden auch die Hirsche Rudel. Während der Brunft im September und Oktober kämpfen die Hirsche mit Imponiergehabe und manchmal auch mit ihren Stirnwaffen, dem Geweih, um die Gunst der Rothirschkühe. Dabei verbrauchen sie viele Energiereserven.
Ursprünglich lebten Rothirsche in der halboffenen Steppenlandschaft, in unserer heutigen Zeit wäre das vergleichbar mit einer abwechslungsreichen Feldflur. Doch weil sie dort von Menschen zunehmend bedrängt und bejagt werden, haben sich Rothirsche heute häufig in schützende Wälder zurückgezogen. Dort fressen sie täglich bis zu 20 Kilogramm Gräser, Kräuter, Knospen, Triebe von Weichhölzern, Waldfrüchte und Baumrinde. Damit gestalten sie ihren unfreiwillig besiedelten Lebensraum um. Das führt mancherorts zu Konflikten mit der Forstwirtschaft, hat aber auch positive Effekte. Durch ihr Äsen schaffen Rothirsche kleine Lichtungen, auf denen sonnenliebende Kräuter und Gräser wachsen können und Schmetterlinge, Wildbienen und Waldameisen ideale Lebensbedingungen finden. Außerdem verbreiten Rothirsche Pflanzensamen. Vor allem junge Hirsche unternehmen weite Wanderungen, um neue Lebensräume zu besiedeln. Dabei tragen sie Samen verschiedenster Pflanzen über viele Kilometer im Fell mit sich oder scheiden sie mit ihrem Kot aus. Ihre verlorenen Geweihstangen sind ein wichtiger Mineralstofflieferant für Nagetiere.
Leider hat die Art heute mit großen Problemen zu kämpfen. Durch Straßen, Siedlungen, intensive Landnutzung und behördlich festgelegte Grenzen der Artverbreitung, die sogenannten Rotwildbezirke, sind viele Rotwildvorkommen voneinander isoliert. Dadurch gibt es kaum Austausch zwischen den Populationen. Die wildbiologische Forschung hat in den vergangenen Jahren viele Fälle massiver genetischer Verarmung bestätigt. Außerdem werden Rothirsche intensiv gejagt, da sie in der Forst- und Landwirtschaft wirtschaftliche Schäden verursachen können.
Die Deutsche Wildtier Stiftung setzt sich dafür ein, die Lebensbedingungen des Rothirschs in Deutschland zu verbessern. Wir fordern die Auflösung starrer Vorkommensgrenzen, um den genetischen Austausch zwischen Populationen zu ermöglichen. Außerdem engagieren wir uns für eine tiergerechte Jagd, die längere Schonzeiten, jagdfreie Gebiete und einen verantwortungsvollen Muttertierschutz beinhaltet. Indem wir in unseren stiftungseigenen Wäldern wieder Weichlaubhölzer wie Zitterpappeln und Weiden etablieren, schaffen wir naturnahe Lebensräume, in denen der Rothirsch auch künftig ein fester Bestandteil der heimischen Natur sein kann.